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Diät - Der Einstieg in die Magersucht?

"Wir haben bei einer Untersuchung von Kindern von durchschnittlich knapp elf Jahren festgestellt, dass über ein Drittel bereits Erfahrung mit Diäten hatte. Die Hälfte der Kinder war mit ihrer Figur unzufrieden", berichtet Monika Gerlinghoff. Aber natürlich werden nicht alle, die eine Diät machen, magersüchtig: Im Alter zwischen 12 und 24 erkrankt nur knapp 1 Prozent – davon die überwiegende Mehrheit Frauen.

Zur Entstehung der Magersucht tragen bei

§                       genetische Faktoren
§                       Probleme in und mit der Familie
§                       persönliche Eigenschaften (beispielsweise angepasst, umgebungsabhängig)
§                       Veränderungen des Körpers in der Pubertät
§                       gesellschaftliches Schlankheitsideal
§                       psychische Belastungen (etwa Auslandsaufenthalt, Umzug, Verlust eines Menschen können zum Ausbruch der Krankheit führen)

Magersucht: so dünn wie möglich
Magersüchtige verlieren stark an Gewicht, bis zu 50 Prozent. Essen nimmt einen zentralen Stellenwert im Leben ein, Lebensmittel werden in ‚erlaubt’ und ‚verboten’ eingeteilt. Manche Magersüchtige versuchen ihr Gewicht durch Hungern und Sport zu verringern (so genannter restriktiver Typ), andere haben auch bulimische Symptome wie Essanfälle und willentlich herbeigeführtes Erbrechen (so genannter binge-eating-Typ). Weiter gängige Methoden zur Gewichtsreduktion bei Anorektikern sind Appetitzügler, Abführmittel und übermäßiger Sport.

Diagnose Magersucht

Die Diagnose Anorexie wird gestellt, wenn der Body Mass Index (BMI), eine Berechnungsgröße aus Körpergröße und Gewicht, unter 17,5 liegt. (Das wäre bei einer 1,67 m großen Frau ein Gewicht unter 49 kg.) Bei Jugendlichen, die noch im Wachsen begriffen sind, macht der BMI aber wenig Sinn, man greift hier auf spezielle Tabellen zurück.

Verlust der normalen Relationen

Im Laufe der Krankheit verlieren Betroffene jede Relation, was normal ist. Manche denken, dass sie nach dem Genuss von einem Stück Schokolade am nächsten Tag unweigerlich drei Kilo zunehmen werden - vollständig irrationale Vorstellungen also. Symptomatisch für die Magersucht ist auch eine Körperwahrnehmungsstörung: Egal, wie stark die Patienten abgemagert sind, sie beurteilen sich immer als zu dick.

 Warum gerade Jugendliche?

Psychische Krankheiten beginnen meist während der Pubertät. Kein Wunder, denn diese Entwicklungsphase ist unglaublich schwierig mit Ablösung vom Elternhaus, Partnerwahl, ersten sexuellen Kontakten. Gerade magersüchtige Mädchen haben außerdem oft eine enorme Angst vor den Körperveränderungen in dieser Zeit, sodass sie es als Glück empfinden, wenn sie sich die Menstruation "weggehungert" haben.

Sexualität bedeutet Leistungsdruck
Jeder Jugendliche hat Probleme mit der Sexualität, ob er es nun zugibt oder nicht, meint Dr. Gerlinghoff. "Schlimm ist der enorme Leistungsdruck, der heutzutage auf diesem Gebiet herrscht: Der erste Koitus liegt im Durchschnitt bei 14 Jahren, mit 18 muss man eine feste Partnerschaft gehabt und den Führerstein bestanden haben. Das Problem liegt also nicht so sehr in der Angst vor der Sexualität, sondern eher im Leistungsanspruch - und zwar bei allen Jugendlichen, nicht nur bei Essgestörten."
Die Magersuchts-Persönlichkeit
Es gibt nicht DIE Magersuchts-Persönlichkeit oder DIE Magersucht-Familie," betont Dr. Gerlinghoff. Aber bestimmte Tendenzen lassen sich häufig beobachten: Magersüchtige sind fast immer weiblich und neigen zur Perfektion. Oft sind sie schon im Kindergarten wohlangepasste, leistungsorientierte Musterkinder. Nicht von ungefähr, denn den hohen Stellenwert von Leistung lernen sie schon im Elternhaus. Allerdings: Nicht immer treffen diese Vorstellungen zu, es gibt auch völlig untypische Fälle, wie Monika Gerlinghoff betont.

Die Familien der Magersüchtigen
Die typischen Familienstrukturen, in denen Magersüchtige groß werden, funktionieren nach der Devise: Die Umwelt ist böse, die Familie ist gut. Innerhalb der Familie darf es keine Geheimnisse geben, Grenzüberschreitungen sind an der Tagesordnung. Diese müssen nicht unbedingt sexueller Art sein, dazu gehört auch, wenn Eltern Post oder Tagebücher ihrer Kinder lesen oder eine geschlossene Zimmertüre ihrer Töchter oder Söhne nicht respektieren.


Magersucht bedeutet für die Jugendlichen einen Gewinn

Magersüchtige Jugendliche sind oft sehr geschickt darin, die Familie zu täuschen. Zum einen kaschieren sie ihren Körper mit weiter Kleidung, zum anderen erfinden sie Ausreden wie: Ich hab schon gegessen, ich war in der Mensa / bei Freunden und so weiter. "Es ist normal, dass Magersucht lange verleugnet wird", so Dr. Gerlinghoff, "denn die Kranken haben eine großen Gewinn dadurch: Die Magersucht ist etwas, das ihnen ganz allein gehört." Sie fühlen sich also erst einmal nicht krank, sondern sind stolz auf die Leistung, die sie vollbringen. "Eine Patientin hat mir einmal gesagt: Ein Abitur mit 1.0 kann jeder machen, aber das Gleiche bei einem Körpergewicht von 35 kg - das kann nicht jeder."

Folgen der Magersucht
Von den Folgen der Hungerkuren können sämtliche Organe betroffen sein. Der Körper reagiert auf die permanente Mangelernährung nämlich dadurch, dass er komplett auf Sparflamme schaltet: Bei Frauen und Mädchen bleibt die Menstruation aus. Puls, Blutdruck und Temperatur sind erniedrigt. Das kann schwer wiegende Folgen haben, meint Dr. Gerlinghoff: "Ein extrem niedriger Blutdruck kann zu lebensbedrohlichen Zuständen führen, besonders, wenn die Erkrankte auch noch extrem viel Sport treibt."

Die Ess-Brech-Sucht

2,5 Prozent aller Frauen - selten auch Männer - leiden an einer Ess-Brech-Sucht, auch Bulimie genannt. Das ist eine Form der Essstörung, bei der die Betroffenen versuchen, nach Heißhungerattacken die befürchtete Gewichtszunahme durch selbst ausgelöstes Erbrechen und/oder den Missbrauch von Medikamenten zu unterbinden. Bulimikerinnen wünschen sich einen möglichst perfekten und schlanken Körper, ihr Selbstwertgefühl beruht auf einer guten Figur. Die meisten sind normalgewichtig. Allerdings war die Hälfte der Bulimikerinnen zuvor magersüchtig – die Übergänge zwischen den einzelnen Arten von Essstörungen sind grundsätzlich fließend.
Wechsel von Kontrolle und Kontrollverlust
Die Heißhungerattacken werden von den Betroffenen als Kontrollverlust empfunden: Sie stopfen mehrmals wöchentlich oder sogar täglich große Mengen von Nahrungsmitteln – vorzugsweise Süßigkeiten – in sich hinein. Um die Fressanfälle auszugleichen, greifen Bulimikerinnen zu Abführmitteln, Süßstoffen, Diuretika (Entwässerungsmittel) oder Schilddrüsenhormonen. Oder sie erbrechen - manche bis zu 50 Mal am Tag. Zwischen den Ess-Brech-Phasen halten sie meist streng Diät oder treiben übermäßig Sport. Übrigens: Diese Störungen gibt es auch bei Nicht-Bulimikerinnen: Etwa 5 Prozent aller Frauen versuchen – ohne Fressanfälle – ihr Gewicht über Erbrechen oder die Einnahme von Abführmitteln zu regulieren. Umgekehrt gibt es auch Fressanfälle ohne Erbrechen, man spricht dann von einer Binge-Eating-Störung.

Faktoren, die zur Entstehung der Bulimie beitragen können:

§                       gesellschaftliches Schönheits- und Schlankheitsideal
§                       genetische Einflüsse
§                       Essen als Mittel zur Problembewältigung
§                       persönliche Eigenschaften (niedrige Frustrationstoleranz, Neigung zum
§                       Kontrollverlust nicht nur beim Essen, niedriges Selbstwertgefühl)
§                       Krisensituationen können zum Auslöser werden

Persönlichkeit Bulimie
Bulimikerinnen werden im Gegensatz zu Magersüchtigen gerne als ausschweifend, lustvoll und emotional charakterisiert. "Allerdings ist diese Einteilung etwas fragwürdig, schließlich entwickeln 60 Prozent der Magersüchtigen später eine Bulimie", meint Dr. Gerlinghoff. Viele Ess-Brech-Süchtige führen ein perfektes Doppelleben, sie funktionieren nach außen bestens und wirken sehr gepflegt. Bulimikerinnen sind in ihren Familien oft nicht die einzigen Suchtkranken, häufig ist beispielsweise der Vater alkoholkrank oder der Bruder drogenabhängig.

Komorbidität

Mit Essstörungen zusammen treten nicht selten eine Reihe von anderen Krankheiten auf: Bei Magersüchtigen sind das alle Formen von Zwängen (wie Kontrollzwang, Zählzwang, Waschzwang), bei Bulimikerinnen steht eher der Kontrollverlust im Mittelpunkt: Missbrauch von Drogen und Alkohol, Selbstverletzungen und Persönlichkeitsstörungen gehören zum Spektrum. Alle Formen von Essstörungen können auch von Depressionen begleitet sein.

Folgen der Bulimie
Das häufige Erbrechen oder auch die strikten Diäten zwischen den Anfällen bringen den Körper in eine Mangelsituation: Wichtige Mineralstoffe, beispielsweise Kalium, fehlen. Das kann etwa Herzrhythmusstörungen zur Folge haben. Die großen Mengen an verschlungenen Nahrungsmitteln stellen eine Belastung für den Magen dar. Auch die Einnahme von teilweise hochdosierten Medikamenten ist stark gesundheitsschädigend und kann zu Nierenversagen oder Leberschädigung führen.